Direkt zum Inhalt

Alternative Lebensformen: Sind wir nicht alle ein bisschen außerirdisch?

Das Video von John Michael Godier stellt zehn Möglichkeiten für außerirdisches Leben vor - und wirft Fragen auf: Was ist überhaupt ein Außerirdischer? Muss ein solches Lebewesen von einem fremden Planeten stammen? Oder kann es auch hier auf der Erde entstanden sein und leben? Und was bedeutet Leben eigentlich?
Alternative Lebensformen Sind wir nicht alle ein bisschen außerirdisch?

Veröffentlicht am: 31.03.2019

Laufzeit: 0:13:34

Sprache: englisch

Definiert man Leben als die Fähigkeit, Stoffwechsel zu betreiben, sich zu vervielfältigen und in irgendeiner Art zu kommunizieren, können auch Gasblasen Lebewesen sein. In einer Kammer mit ionisiertem Argon-Gas generierten Wissenschaftler Anfang des Jahrhunderts binnen weniger Mikrosekunden Sphären, die essenzielle Eigenschaften biologischer Zellen besitzen. Als die Erde entstand, herrschten wohl elektrische Stürme, die solche Gassphären erschaffen konnten. Stellen sie also den Ursprung des Lebens dar – oder sind sie eine alternative Lebensform, die es vielleicht auch auf anderen Planeten gibt? Es ist ja nicht gesagt, dass das Leben, wie wir es kennen, die einzige Form davon ist. Die Lebewesen auf der Erde haben sich an die hiesigen Begebenheiten angepasst. Auf anderen Planeten gibt es vielleicht ganz andere Rohstoffe und Bedingungen – folglich müssen Stoffwechsel und Fortpflanzung wahrscheinlich anders funktionieren.

In Godiers Video wird beispielsweise der Aspekt »Lösungsmittel« aufgegriffen. Für uns ist Leben ohne Wasser undenkbar. Darum wird, wenn auf fremden Planeten nach Leben gesucht wird, zunächst nach Wasser gefahndet. Vielleicht gibt es aber auch andere Medien, die Leben ermöglichen – und sich besser für extreme Temperaturen eignen. Für uns wäre Ammoniak, das sich erst bei -33 Grad verflüssigt und zudem ätzend wirkt, total ungeeignet. Andere Lebensformen, die über völlig andere Sinne und Bedürfnisse verfügen, mögen aber ohne Wasser und dafür mit Ammoniak auskommen. Ähnlich könnte es mit Elementen wie Kohlenstoff und Phosphor sein, die für uns essenzielle Bausteine darstellen. Außerirdische Lebensformen folgen vielleicht einer völlig anderen Biochemie. Die Idee, dass Lebewesen anderer Planeten aus Molekülen umgekehrter Chiralität bestehen könnten, klingt für mich abwegig. In D-Aminosäuren sind die einzelnen Atome nur anders angeordnet als in der L-Form, die wir haben – sie bedürfen also exakt derselben Rohstoffe. Sie müssen kein Zeichen außerirdischen Lebens sein, denn sie kommen auch auf der Erde vor: Viele Bakterien, höhere Organismen und auch unser Körper verwendet sie. D-Serin spielt beispielsweise im Gehirn eine Rolle. Die meisten irdischen Organismen können aber wohl D-Aminosäuren einbauen ,- die resultierenden Peptide und Proteine werden dadurch oft aktiver und stabiler. Sind wir also alle ein bisschen außerirdisch? Wir alle tragen nicht nur DNA, sondern auch RNA – möglicherweise die Ursprungsform des Erbguts – in uns. Die so genannte »RNA-Welt-Hypothese« besagt, dass unserem Leben eine Welt vorausging, in der RNA nicht nur eine Zwischenrolle – etwa beim Übersetzen von DNA in Proteine – erfüllte, sondern die Hauptrolle spielte. Dieser Ansatz wird im Video zwar erwähnt, aber – wie alles andere – wenig konkret oder wissenschaftlich erklärt.

Die Impulse, die das Video liefert, sind spannend, jedoch nicht neu. Godier greift einige Beobachtungen und bestehende Theorien auf, gibt dem Ganzen aber einen mehr mystischen als wissenschaftlichen Charakter. Sciencefiction ist sein Metier – Godiers Fans lieben seine Bücher und Videos, wie Amazon-Bewertungen und -Kommentare verraten. Seine angenehme Stimme, der einheitliche Aufbau, die Hintergrundmusik und die – oft identischen – Bilder lassen die Videos am Zuschauer vorbeiplätschern und machen sie fast ununterscheidbar. Generell fände ich es in dem Zusammenhang treffender, anstatt von »außerirdischen« von »alternativen Lebensformen« zu sprechen. Denn wahrscheinlich sind »die Außerirdischen« nicht (nur) im All, sondern mitten unter uns anzutreffen. Unser Leben muss ja nicht zwangsläufig »das ideale« sein. Vielleicht sind wir nur ein Auslaufmodell. Am Zeitfenster der Evolution gemessen gibt es uns erst seit gestern – und wir könnten morgen schon wieder verschwunden sein. Möglicherweise, weil wir unsere Umwelt – und damit uns selbst – kontinuierlich zerstören. Der theoretische Physiker Alexander Berezin meint, dass wir genau deshalb noch keine Außerirdischen gefunden haben. Er vergleicht uns mit einem Bautrupp, der, weil er ein Gebäude errichten will, achtlos Ameisenhaufen niedertrampelt. Vielleicht zerstören wir außerirdisches Leben beim Versuch, es aufzuspüren: etwa durch unsere Weltraummissionen und -stationen. So könnten wir laut Berezin die Ersten und zugleich die Letzten im All sein.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.